Neue Firmen braucht das Land

START-UP-SZENE Altes vergeht, Neues entsteht. So ist es auch in der Wirtschaft. Von Tampons über grüne Energiespeicher bis zur Gedächtnis-App: Sieben Fragen an zwei junge Gründer aus Sachsen-Anhalt.

Von Robert Horvath

 

 

Periodically

Gründung: 2021, Standort: Magdeburg

Corvin Groß und Katharina Weißig, Gründer von Periodically
Foto: Periodically
Corvin Groß und Katharina Weißig, Gründer von Periodically Foto: Periodically

Was ist euer „Produkt“? Was ist eure Vision?

Unsere Vision ist es, dass Menstruationsprodukte genauso selbstverständlich und kostenfrei auf allen Toiletten verfügbar sind wie auch Toilettenpapier. Dafür haben wir den ersten Spender für Tampons und Binden entwickelt und verkaufen diesen mitsamt den Menstruationsprodukten. Wir verbessern damit die Chancengleichheit und brechen mit alten Tabus.

Wie seid ihr auf die Idee gekommen?

Die Idee entstand aus einer persönlichen Erfahrung unserer Gründerin Katharina Weißig, die selber in der Universität ihre Menstruation bekam und keine Menstruationsprodukte dabeihatte. Gezwungen den Kurs zu verlassen, verpasste sie wichtige Kursinhalte. Um dieses Problem zu lösen, wurde Periodically gegründet.

Was macht euch einzigartig?

Unser Alleinstellungsmerkmal beruht darauf, dass wir den Zugang zu Menstruationsprodukten revolutionieren. Wir sind die ersten, die einen speziell konzipierten Spender für Tampons und Binden entwickelt haben, der nicht nur die Produkte selbst bereitstellt, sondern diese auch kostenfrei anbietet. Im Vordergrund steht bei uns die gesellschaftliche Wirkung.

Was sind die Pluspunkte am Standort Sachsen-Anhalt? Und wie könnte die Region noch unternehmerfreundlicher werden?

Magdeburg als Stadt bietet eine gute Infrastruktur und günstigere Gewerbeimmobilien als andere Städte.

Um attraktiver für Gründer zu werden, sollten finanzielle Förderungen bereitgestellt, Start-Up-Wettbewerbe und Netzwerkveranstaltungen organisiert und Beratungsangebote ausgebaut werden.

Tischtennisplatte, Obstteller und Co. – Wie fördert ihr Kreativität und Teamgeist?

Wir haben gerade als ganzes Team selbst unser neues Büro renoviert. Das hat uns auf jeden Fall zusammengeschweißt. Außerdem haben wir regelmäßige Team-Events, einen riesigen eigenen Garten am Büro zum gemeinsamen Entspannen, bieten flexible Arbeitszeiten und die Möglichkeit zum Homeoffice.

Was können Traditionsunternehmen von euch lernen?

Traditionsunternehmen können von uns lernen, wie wichtig es ist, sich gesellschaftlichen Veränderungen anzupassen und Tabus zu hinterfragen. Innovation, Flexibilität und soziale Verantwortung können nicht nur die Gesellschaft positiv beeinflussen, sondern auch neue Marktchancen eröffnen.

 

 

 

Testvolt

Gründung: 2014, Standort: Lutherstadt Wittenberg

Die Gründer und Geschäftsführer von Tesvolt, Simon Schandert (links) und Daniel Hannemann. Foto: Andreas Stedtler
Die Gründer und Geschäftsführer von Tesvolt, Simon Schandert (links) und Daniel Hannemann. Foto: Andreas Stedtler

Was ist euer „Produkt“? Was ist eure Vision?

Wir sind einer der Innovations- und Marktführer für gewerbliche und industrielle Energiespeicherlösungen in Deutschland und Europa. Mit unseren Produkten ermöglichen wir Unternehmen, grüne Energie zu speichern und somit vollumfänglich und unabhängig zu nutzen. Mit unseren Werten sind wir angetreten gemeinsam mit unseren Kunden die Energiewende zu gestalten: Für eine Welt, in der alle selbstbestimmt grüne Energie nutzen können.

Wie seid ihr auf die Idee gekommen?

Im Zuge der Energiewende wird immer mehr grüner Strom, unter anderem durch Photovoltaik und Windkraft erzeugt. Gleichzeitig steigt die Stromnachfrage, zum Beispiel durch E-Mobilität, Wärmepumpen oder neue Industrieprozesse. Da Stromerzeugung und -verbrauch zeitlich selten zusammenpassen, sind Batteriespeicher das fehlende Puzzlestück in der Wirtschaft. Sie sind die Voraussetzung für das Gelingen der Energiewende.

Was macht euch einzigartig?

Gegründet von zwei Wittenbergern, ist Tesvolt heute eines der bekanntesten und innovativsten Unternehmen für gewerbliche Batteriespeicher in Europa. Mit dem Ausbau unserer Fertigungsstätte bekennen wir uns  zum Standort Wittenberg. Einzigartig ist zudem unser selbst entwickeltes und patentiertes Batteriemanagementsystem. Es maximiert Lebensdauer und Energieeffizienz der Batterien und ist Grundlage des unternehmerischen Erfolgs.

Was sind die Pluspunkte am Standort Sachsen-Anhalt? Und wie könnte die Region noch unternehmerfreundlicher werden?

Das Land Sachsen-Anhalt ist ein hervorragendes Land für Gründer. Nicht zuletzt durch das Investment der landeseigenen IBG-Fonds haben wir uns hier hervorragend entwickeln können.

Bei gesetzlichen Anpassungen sind wir im Gespräch, sei es mit Blick auf Bürokratieabbau oder die Landesbauordnung. Verbesserungswürdig ist für uns noch die Verkehrsanbindung zum Industriegebiet „Am Heideberg“.

Tischtennisplatte, Obstteller und Co. – Wie fördert ihr Kreativität und Teamgeist?

Unsere Technologieführerschaft beruht auf der Eigenverantwortung unserer Mitarbeiter. Mit einer agilen Organisationsform verzichten wir auf Hierarchien als Flaschenhals und fördern die Zusammenarbeit. Entscheidungen werden in den Fachteams getroffen. So kann jeder Einzelne sich optimal einbringen. Wir feiern Erfolge und verbessern uns durch Feedbacks.

Was können Traditionsunternehmen von euch lernen?

Mehr Mut im unternehmerischen Tun, mehr Freiraum und Verantwortung für Mitarbeiter und nachhaltige, gemeinwohlorientierte Unternehmensziele für eine lebenswerte Welt – auch für kommende Generationen.