Zeit für Veränderung

ERFOLGSREZEPT Diana Hofmann führt einen kleinen Spielzeugladen in Aschersleben – der in den sozialen Medien ganz groß ist. Wie sie ihre Arbeit an heutige Gegebenheiten angepasst hat und sich so auf dem Markt behaupten kann.

Von Sebastian Meyer

Beate Koch (v. l.), Chefin Diana Hofmann und Ulrike Bormann setzen im Spielzeugladen in Aschersleben auf die Vorzüge von Social Media.Fotos (3): Andreas Stedtler
Beate Koch (v. l.), Chefin Diana Hofmann und Ulrike Bormann setzen im Spielzeugladen in Aschersleben auf die Vorzüge von Social Media.Fotos (3): Andreas Stedtler

Aschersleben. - Ein kleiner Blick durchs Schaufenster lässt schon erahnen, was sich im Inneren des Spielzeugladens von Diana Hofmann in der Aschersleber Innenstadt verbirgt. Ein Anblick, der wohl viele Kinderherzen höherschlagen lässt. Die Regale, die die Wände des Raumes schmücken, sind allesamt prall gefüllt mit Brettspielen, Baukästen und Stofftieren, während zahlreiche Puppen von der Decke in den Laden hinunterblicken. Mittendrin steht die Chefin selbst hinter der Kassenzeile und bedient eine Kundin. Mit einem zufriedenen Lächeln verabschiedet sich die Inhaberin von ihr.

Vor allem im Einzelhandel sind viele kleinere Geschäfte aufgrund diverser Krisen in den vergangenen Jahren ins Rudern geraten. Beim Spielzeugladen in Aschersleben sieht das ganz anders aus. Der Grund dafür: Veränderung. In vielerlei Hinsicht hat das Team um Diana Hofmann es geschafft, sich an die wirtschaftlichen Gegebenheiten anzupassen und zu bestehen. Nur wie?

Digitales Schaufenster

Vor allem Corona hat sie zum Umdenken gebracht. „Wir waren, wie alle Menschen, erstmal total geschockt und verzweifelt“, sagt Diana Hofmann. Aber vielleicht könnten die sozialen Medien dabei helfen, ihre Produkte aus dem Spielwarengeschäft zu bewerben? Gedacht, getan: „Ich sehe es als ein erweitertes digitales Schaufenster an“, erklärt die Chefin. Über Facebook oder Instagram können sich Kunden einen Eindruck vom Sortiment machen und bei Fragen über Privatnachricht oder Whatsapp-Nummer des Ladenhandys mit dem Team in Kontakt treten. Kommt neue Ware, erfahren es die Kunden dort als erstes. „Ich fotografiere die neuen Artikel und teile sie auf unseren Kanälen“, so Hofmann.

Wenn den Kunden gefällt, was sie sehen, können sie sogar eine digitale Vorbestellung aufgeben. Ein Überbleibsel aus Corona, das auch heute noch sehr beliebt ist. „Wir hatten einen Abholservice an der Tür angeboten“, erklärt die 47-Jährige. Die Kunden konnten über die sozialen Medien ihre Bestellung aufgeben, und das Team des Spielwarengeschäfts packte die Ware abholbereit zusammen. „Das Angebot wird sehr gut angenommen“, so Hofmann.

Zum Schulstart etwa sei auch dieser Service sehr beliebt: Eltern können ein Bild von der Materialliste an den Spielzeugladen schicken und das Team kümmert sich um den Rest. „Die Leute wissen das wirklich zu schätzen“, sagt die Chefin. Sie bezeichnet die Dienstleistung als Rettung und einzige Chance, um heutzutage gegen den Online-Handel zu bestehen. Das ist Hofmann auch ein persönliches Anliegen: Schließlich handelt es sich bei dem Spielzeugladen um eine Institution in Aschersleben. Eröffnet wurde das Geschäft im Jahr 1953 als DDR-Betrieb. Im Anschluss befand es sich zwei Generationen lang in Familienhand, ehe Diana Hofmann den Laden im Jahr 2005 übernahm, weil die bisherigen Besitzer keinen Nachfolger aus der Familie mehr fanden.

Die Kunden erwartet im Spielwarengeschäft ein breitgefächertes Sortiment.
Die Kunden erwartet im Spielwarengeschäft ein breitgefächertes Sortiment.

Neben Instagram: Was hat das Spielwarengeschäft noch zu bieten? „Der kleine, regionale Laden ist für viele Menschen heutzutage wieder deutlich attraktiver geworden“, meint Hofmann. Sie und ihr Team könnten besser auf ihre Kunden eingehen und sich um deren Bedürfnisse kümmern als die Konkurrenz bei den großen Unternehmen.  Daher gebe es viele Stammkunden, die regelmäßig den Laden von Diana Hofmann besuchen. „Man sieht die Kinder über die Jahre aufwachsen“, erzählt sie. Sie freue sich immer, wenn Kunden wiederkommen und sie im Laufe der Jahre die gesamte Familie kenne und wisse, welches Spielzeug bei den Kindern im Kinderzimmer steht. „Die ganz großen Firmen können das wegen der Vielzahl der Kunden nicht leisten“, ergänzt sie.

Was die „ganz Großen“ Hofmanns Vermutung nach ebenfalls nicht leisten können: eine schnelle und flexible Änderung des Portfolios. „Wir sind da insgesamt einfach anpassungsfähiger“, erklärt sie.  Beim Sortiment achte sie darauf, sich von anderen Spielzeugläden abzuheben. „Wir haben viele Nischenprodukte oder saisonale Sachen“, sagt die Inhaberin und beginnt eine Führung durch den Laden. Stoffhasen, Ostereier und passende Bücher – beim Besuch vor Ostern etwa lag der Fokus noch auf   dem anstehenden Fest.   Aber auch Klassiker wie Schulranzen, Baukästen und Stofftiere schmücken die Regale. Regelmäßig fährt die Mutter eines Sohnes auf Spielzeugmessen. So ist sie immer auf dem neuesten Stand, was auf den Kinderwunschlisten gerade ganz oben steht.

Der Laden ist zentral in der Aschersleber Innenstadt gelegen.
Der Laden ist zentral in der Aschersleber Innenstadt gelegen.

Keine „Trübe-Tassen-Stadt“

„Spiel- und Schreibwaren Diana Hofmann“ kennt in Aschersleben jeder, und dank ihrer Beliebtheit im Internet jetzt auch weit über die Stadtgrenzen hinaus. „Wir haben auch Kunden aus Mansfeld-Südharz und Halle“, sagt Hofmann. Eine große Rolle spiele dabei generell die Attraktivität der Aschersleber Innenstadt. „Aschersleben ist keine Trübe-Tassen-Stadt“, beschreibt es Hofmann. Der Ort verfüge ihrer Meinung nach über eine sehr schöne Innenstadt und sei generell ganz gut aufgestellt, was die Vielfalt an Geschäften angeht.  „Es ist viel Bewegung in der Stadt“, erklärt sie. Vor allem gastronomisch habe es in den vergangenen Jahren nochmals einen starken Aufschwung gegeben. Ihr Spielzeugladen ist allerdings der einzige in der ältesten urkundlich erwähnten Stadt Sachsen-Anhalts.

Folgerichtig ist die Chefin sehr zufrieden mit dem Betrieb in ihrem Laden und hält es nicht für nötig, einen kompletten Online-Shop zu eröffnen. Sporadisch bietet Diana Hofmann ihre Ware im Shop des Schreib- und Spieleverbandes an, bei dem sie Mitglied ist.  Den Verkauf dort habe man aber mittlerweile stark zurückgefahren. „Bei der Online-Konkurrenz ist es einfach ein Kampf“, so die Spielzeugexpertin. Man könne schlichtweg nicht mit den Billigpreisen der Anderen mithalten: „Die Zeit, die man da investieren muss, investiere ich lieber in die Beratung.“ Und schließlich ist ein zufriedener Kunde hier das A und O, sowie Teil des Erfolgs.